Innovativ, trotzdem wachstumsschwach, so lässt sich die derzeitige Lage der Papier- und Kartonverpackungshersteller in Österreich beschreiben.
Der Verkauf von Verpackung aus Papier und Karton hat im Nachbarland von 2014 auf 2015 nominell um 1,5 Prozent auf 2,23 Mrd. Euro zugelegt - und damit etwa die Inflation ausgeglichen. Die Branche leidet aber unter einer Überkapazität und der schwächelnden Gesamtwirtschaft, sagten Vertreter des Branchenverbandes Propak am 1. Juni in Wien vor Journalisten. Im laufenden Jahr dürfte die Branche erneut um 1,5 Prozent zulegen.
Wirtschaftliche Lage
"Wachstum wird immer mehr zum Wunschdenken", sagte Dieter Fischer, Propak-Obmann und CEO von Smurfit Kappa Group Corrugated Central Europe. Die verkaufte Menge ging 2014 sogar um 0,6 Prozent zurück. In Österreich liege der Konsum schon auf sehr hohem Niveau, aus dem privaten Konsum komme kaum mehr ein Wachstumstreiber, so Fischer. Ausserdem gibt es zahlreiche Importe - 37 Prozent Importquote nennt die Branche. Dem steht gegenüber, dass 70 Prozent der Produktion (1,56 Mrd. Euro) in den Export gehen.
Den Widrigkeiten trotze die Branche durch Innovation, wie eine von Propak finanzierte Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) an der Wirtschaftsuniversität Wien bescheinigt. Demnach sind 90 Prozent der 100 Mitgliedsunternehmen "innovativ" und haben in den letzten drei Jahren ein neues Produkt oder einen neuen Prozess lanciert. 92 Prozent der Firmen konnten diese Erneuerungen aus eigenen Mitteln finanzieren, erläuterte Herwig Schneider, Geschäftsführer des IWI. Gerade hier sei auch am ehesten mit Jobwachstum zu rechnen. IWI-Professor Schneider rechnet der Branche einen Produktionswert von 1,9 Mrd. Euro und 8.080 Beschäftigte zu. Die Branche selber spricht von 9.200 Beschäftigten der Mitgliedsunternehmen. Rechne man aber alle gesamtwirtschaftlichen Effekte dazu, dann komme man auf einen Produktionswert von 4 Mrd. Euro (Faktor 2,1) und 29.780 direkt und indirekt Beschäftigte, hat Schneider errechnet.
Innovationen in jeder Teilbranche
"Innovation" ist dabei ein breites Feld. Es geht von Design-Veränderungen bis zu neuen Produkteigenschaften. Manchmal kann eine abgeschrägte Kante die Verpackung stabiler, billiger, ökologischer und für die Werbewirtschaft interessanter machen. Ein moderner Zementsack wiederum muss luftdurchlässig sein, damit man ihn rasch automatisiert füllen kann, zugleich soll er wasserdicht sein, damit der Zement ein paar Stunden im Regen trocken bleibt. Und zum Drüberstreuen sollte der Sack auch fälschungssicher sein, damit die Bauherren die Gewissheit haben, tatsächlich ein Qualitätsprodukt auf der Baustelle zu haben, erläuterte Marko Schuster, Geschäftsführer von Mondi Coating.
Medikamentenverpackungen wiederum müssen ab 2019 so gestaltet sein, dass der Konsument sofort verlässlich erkennen kann, ob die Verpackung schon einmal geöffnet war, sagte Andreas Blaschke, Vorstand bei Mayr Melnhof Packaging. Solche auffälligen Veränderungen sind aber nur ein Teil der Entwicklung. Die Branche als Schnittfläche zwischen Produkt und Konsument müsse auf gesellschaftliche Entwicklungen wie Alterung mit grösserer Schrift oder einfacheren Verschlüssen - bzw. auf mehr Single-Haushalte etwa mit kleineren Verpackungen reagieren.
Standortbedingungen
Die Branche selber klagt über die Standortbedingungen. "Mit der Bürokratie wird es immer mühsamer", so Fischer. Zentrale Forderung sind flexible Arbeitszeiten, im Idealfall mit einem zweijährigen Zeitkonto, da man als auftragsgebundene Branche manchmal im Wochenabstand stark schwankende Auslastung habe. Auch die Möglichkeit, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten wäre wünschenswert. Weiterhin "drückt der Schuh bei der Gewerbeordnung, die Genehmigungsverfahren dauern zu lange", sagt Propak-Geschäftsführer Martin.