Der demografische Wandel verändert die Spielregeln für gute
Verpackungen. Das sagt Dr. Gundolf Meyer-Hentschel, Inhaber der
Consultingfirma Meyer-Hentschel Institut, Saarbrücken/Zürich. Der
demografische Wandel lasse sich deshalb auch als Glückfall für die
Wirtschaft sehen. Er zwinge dazu, bessere Produkte und Verpackungen
zu entwickeln. Unternehmen, die innovativ und flexibel reagieren,
würden damit ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.
"Die wachsende Zahl älterer Menschen wird unsere Welt einfacher
und komfortabler machen. Wenn wir den Alltag aus dem Blickwinkel
des Alters betrachten, werden wir auf Probleme aufmerksam, denen
wir bisher nur wenig oder sogar keine Beachtung geschenkt haben",
sagte Meyer-Hentschel, gegenüber dem Branchendienst Euwid
Verpackung. Das Institut beschäftigt sich seit 1985 mit Megatrends
im Verhalten von Konsumenten und berät Unternehmen bei der
Anpassung von Produkten und Verpackungen an diese
Entwicklungen.
Wie kann ein Unternehmen geeignete Verpackungen für Ältere
entwickeln? Laut Meyer-Hentschel besteht der vielleicht wichtigste
Aspekt darin, zunächst gar nicht an ältere Menschen zu denken. Es
gehe überhaupt nicht darum, spezielle Verpackungen für Ältere zu
entwickeln. Viel interessanter sei es, alle Kundengruppen im Auge
zu haben und die Verpackungs-Convenience generell zu erhöhen.
Altere Verbraucher würden sich erfolgreich als besonders sensible
'Benchmark-Zielgruppe' nutzen lassen. Werde eine Verpackung so
optimiert, dass sie für Ältere perfekt funktioniert, dann
begeistere das auch mindestens 90 % der übrigen Kunden. "Oder haben
Sie jemals davon gehört, dass sich junge Frauen beklagen, wenn ein
Marmeladenglas auf einmal ganz leicht zu öffnen ist?", sagte
Meyer-Hentschel.
Demografischer Wandel als "Angstgegner" der
Markenartikler
"Während grosse Markenartikler zurzeit bei wichtigen
Marken das Abbröckeln älterer Kunden zur Kenntnis nehmen müssen und
mit dieser neuartigen Situation oft nicht zurecht kommen, geht der
Handel ohne Berührungsängste auf die Älteren zu. Man optimiert ohne
viel Aufhebens seine Läden und man nutzt die wachsende Zahl älterer
Verbraucher als Benchmark für seine Eigenmarken: Da optimiert eine
Drogeriemarkt-Kette die Flaschen für Körpermilch ihrer Eigenmarke
sehr erfolgreich im Hinblick auf die besonderen Ansprüche älterer
Kunden. Zur selben Zeit relauncht ein großer Markenartikler seine
Flaschen unter Branding-Aspekten, verschlechtert aber die
Funktionalität auf der ganzen Linie."
Demografischer Wandel verändert die Spielregeln
Kaum ein Unternehmen könne es sich noch leisten, diese
Zielgruppe zu vernachlässigen oder gar zu vergraulen. Die Ansprache
gelingt laut Meyer-Hentschel jedoch nicht allen: "Das Know-how zur
Kommunikation mit älteren Zielgruppen weist zwischen den Branchen
und Unternehmen grosse Unterschiede auf. Je näher die Unternehmen
am Markt operieren, desto leichter fällt ihnen die Aufgabe. Wir
sehen dies wiederum deutlich an den Handelsunternehmen, die sich
gegenüber den Markenartiklern Jahr für Jahr Vorsprung erkämpfen.
Einer der Gründe: Bei vielen Handelsunternehmen sind 'Babyboomer'
Chefsache, bei vielen Markenartiklern überlässt man dieses Thema
Junior-PMs und Praktikanten. Das ist ein deutliches und nicht
ungefährliches Signal für die Beteiligten."
"Natürlich wissen wir alle, dass eine gute Lesbarkeit bei vielen
Verpackungen nicht gegeben ist, ja oft gar nicht möglich ist. Wenn
wir - aus einer Studie des Marktforschers Nielsen - erfahren, dass
dies weltweit von 50 % der älteren Verbraucher bemängelt wird,
entsteht allerdings Handlungsdruck. Auch das viel erforschte Thema
'Öffnen' bekommt durch die wachsende Zahl älterer Kunden allmählich
strategische Relevanz: 43 % der Älteren weltweit wünschen sich mehr
Verpackungen, die leicht zu öffnen sind."
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