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Karton mit Nanozellulose: Billerud Korsnäs startet Grossversuch - Bei gleicher Dicke deutlich stabiler wie herkömmlicher Karton

Nach vielversprechenden Tests wird der schwedische Papier- und Kartonhersteller Billerud Korsnäs AB jetzt im Industriemassstab Karton mit Nanozellulose herstellen, konkret mit so genannten mikrofibrillierten Zellulose (MFC). Start ist Anfang 2017. Der Kartonhersteller kooperiert dabei mit der norwegischen Firma Borregaard, die eine Bioraffinerie betreibt.

Neuere Entwicklungen erlaubten es, bestimmte Bestandteile von Zellulosefasern in Holz, die Fibrillen, industriell zu gewinnen. Für Papier- und Kartonhersteller bietet das Hinzufügen von mikrofibrillierter Zellulose im Produktionsprozess die Chance, ihren Kartons neue Funktionalitäten zu verleihen. Auch kann die Ressourceneffizienz weiter verbessert werden.

Um diese Chancen zu erforschen, hat Billerud Korsnäs 2016 im Kleinmassstab Produktionstest durchgeführt. Die Tests waren erfolgreich. Das Unternehmen will deshalb nun weitere Tests in grossem Massstab durchführen.

Das kurzfristige Ziel von Billerud Korsnäs ist es, die gleichen Festigkeitseigenschaften für seine Kartonprodukte mit geringerem Materialeinsatz zu erreichen. Für die Zukunft könnte die Verwendung von MFC auch ein Schlüssel sein, um Barriereschichten aus Kunststoff oder Aluminium zu ersetzen, die heutzutage häufig in faserbasierenden Verpackungen eingesetzt werden.

Die Grossversuche werden durch die neue Zusammenarbeit von Billerud Korsnäs mit Borregaard ermöglicht. Borregaard gilt als ein führender Innovator in der Bioraffinerie. Im Rahmen dieser Kooperation wird Billerud Korsnäs mit MFC aus dem neu gegründeten MFC-Werk von Borregaard in Sarpsborg, Norwegen, versorgt. Die neue Anlage hat eine Produktionskapazität von 10.000 Tonnen und ging im dritten Quartal 2016 in Betrieb. Borregaard nutzt seit mehr als zehn Jahren die so genannte Exilva-Technologie, um MFC zu gewinnen. Jetzt ist Borregaard das erste Unternehmen der Welt, das MFC vermarktet.

"Unsere Exilva MFC-Produkte haben hervorragende Festigkeits- und Barriereeigenschaften», sagt Pål Romberg, Executive Vice President Exilva. "Durch das Hinzufügen von MFC wollen wir erforschen, wie wir unsere Materialien weiter verbessern können, um sie noch konkurrenzfähiger gegen ihre Hauptkonkurrenten, fossilbasierte Plastikverpackungen, zu machen", sagt Magnus Wikström, CTO bei Billerud Korsnäs.

www.borregaard.com

 

 


Was ist Nanozellulose?

Kleinste Fibrillen und Kristalle aus Cellulose weisen hervorragende Eigenschaften für unterschiedlichste Anwendungen auf. Diese auch Nanocellulose genannten Materialien können beispielsweise als Verstärkungskomponente in Kompositmaterialien eingesetzt aber auch für medizinische Implantate und allgemein in den Life Sciences verwandt werden.

 

Eigenschaften und Anwendung

Cellulose ist nicht aus dem alltäglichen Leben wegzudenken. Cellulose, in Holz und Pflanzenfasern vorhanden, dient als Textilrohstoff genauso wie als Baumaterial und auch als Energiequelle. Besonders nachhaltige Materialien beinhalten heutzutage fast immer Cellulosebestandteile. Seit Jahren wird vermehrt Cellulose mit Strukturen im Nanometerbereich aus verschiedenen Rohmaterialien (z.B. Holz, Einjahrespflanzen, Tunicin) isoliert. Solche Cellulose wird dann als Nanocellulose bezeichnet. Die Nanocellulose wird in drei Kategorien unterteilt: mikrofibrillierte Cellulose (MFC), nanokristalline Cellulose (NCC) und bakterielle Nanocellulose (BNC).

MFCs haben einen Durchmesser von ca. 5-100 nm bei einer Länge von einigen Mikrometern [1]. Sie kommen in unterschiedlichen Verpackungsmaterialien, in Nanokompositen, Emulsions- und Dispergiermitteln sowie Lebensmitteln zum Einsatz. Des Weiteren werden MFCs in medizinischen, kosmetischen und pharmazeutischen Produkten eingesetzt. Eingearbeitet in Kunststoffe erhöhen die MFCs die Zugfestigkeit dieser Komposite um ein Vielfaches [2]. Ihre Eigenschaft, eine große Menge Wasser speichern zu können bei gleichzeitig geringem Gewicht macht sie auch für Anwendungen in Absorptionsmitteln und Hygieneprodukten interessant.

NCC hat einen kleineren Durchmesser (5-20 nm) und weist nur einen Länge von 100-250 nm auf, wenn es aus Pflanzencellulose gewonnen wird. Bei der Herstellung aus Algen, Bakterien oder Tunicaten kann die Länge von 100 nm bis hin zu einigen µm betragen [1]. Nanokristalline Cellulose besitzt einzigartige optische und flüssigkristalline Eigenschaften. Bislang scheint es keine Produkte mit NCC am Markt zu geben, jedoch arbeiten unterschiedlichste Branchen an einer Kommerzialisierung, z.B. Papierindustrie, (Lebensmittel-) Verpackungsindustrie oder Beschichtungsunternehmen.

Die bakterielle Nanocellulose (BCC) hat verglichen mit mechanisch isolierter MFC kleinere Durchmesser und ist deutlich homogener. Sie bildet Nanofasernetzwerke unterschiedlichster Morphologie [1]. Ganz im Gegensatz zur MFC und NCC wird bakterielle Nanocellulose, auch Biocellulose, nicht aus vorhandener Cellulose hergestellt sondern durch einen biotechnologischen Prozess mit Hilfe eines Bakteriums beispielsweise aus Zuckern gewonnen. Die Biocellulose besitzt eine ähnlich hohe Festigkeit wie Stahl oder Kevlar (bezogen auf die BNC-Einzelfaser) und weist meist eine sehr hohe Kristallinität von 80-90% auf. Meist bilden sich während der Herstellung formstabile Aerogele aus den BNC-Netzwerken. Diese können einen Porendurchmesser von weniger als 10 µm haben und außerordentlich transparent sein. Derzeit forscht man an Biocellulose in den Bereichen Brennstoffzellen, Elektrotechnik, Membrane, Medizintechnik (insbesondere Implantate auf BNC-Basis) und Kompositmaterialien. Insbesondere für den medizinischen Bereich bestehen zahlreiche Patentansprüche, ohne dass jedoch eine Machbarkeitsstudie (engl. proof-of-principle) oder ein Prototyp vorliegen.

Herstellung

MFC werden durch isolieren von Holzzellstoff durch mechanischen Druck oder durch Mahlmethoden und vorhergehender chemischer, enzymatischer oder mechanischer (Ultra-Turrax, Inline-Dispergierer, etc.) Behandlung gewonnen. Dabei werden beispielsweise Holzcellulosefasern bei hohen Drücken (bis 1500 bar) durch Interaktionskammern von Homogenisatoren gedrückt, dabei werden Scherkräfte induziert und die Fibrillen freigesetzt. Durch chemische oder enzymatische Vorbehandlung konnte in den letzten Jahren der Energieverbrauch dieser Produktionsmethode deutlich gesenkt werden.

Die nanokristalline Cellulose wird derzeit durch saure Hydrolyse von Cellulose aus Holz, Baumwolle, Hanf aber auch Algen, Bakterien oder Tunicaten u.a. hergestellt. Derzeit gibt es Planungen einer kanadischen Firma eine großtechnische Produktionsanlage für NCC zu bauen.

BNC wird mit Hilfe von Essigsäurebakterien gezielt synthetisch hergestellt auf Basis von niedermolekularen Zuckern, wie beispielsweise Glucose. Derartige Produktionsverfahren zählen zur weißen Biotechnologie [6]. Die industrielle Darstellung der BNC in großem Maßstab befindet sich derzeit jedoch noch in der Entwicklung.

Quelle: www.nanopartikel.info

 

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