Wie in den Vorjahren fand der Schweizer Gefahrguttag des Verbands der Schweizerischen Ausbildungsveranstalter für Gefahrgutbeauftragte (VAG) mit Sitz in Buchs AG im Verkehrshaus in Luzern statt. Vertreter von Behörden trafen auf Experten aus der Wirtschaft, um sich über das neue Schweizerische und internationale Gefahrgutrecht zu informieren, auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Der Präsident des VAG, Ernst Winkler, begrüsste die rund 250 Teilnehmer aus der ganzen Schweiz und den Nachbarstaaten und informierte das Publikum kurz über die interessanten Themen. Er stellte fest, dass auch in diesem Jahr der Gefahrguttag komplett ausgebucht war.
Einen Blick in die ferne Zukunft des Jahres 2051 präsentierte Prof. Dr. Nobert Müller dem Publikum. Basierend auf den Zahlen der OECD wird sich die Menge der Güter die im 2051 unterwegs sein werden, um 334 Prozent erhöhen. Da sich Personen und Güter dieselbe Infrastruktur teilen müssen, stellt sich die berechtigte Frage: wo soll der Verkehr stattfinden? Interessant war zu hören, dass die Arabische Liga (21 Staaten) im 2011 dem ADR beitreten wollte. Dies wurde jedoch durch den "arabischen Frühling" zunichte gemacht. Ein neuer Anlauf ist bis jetzt noch nicht geplant.
Die Frage "Wer hat den Durchblick beim Transport von Lithiumbatterien" versuchte Jürgen Werny zu beantworten. Lithium enthaltende Batterien sind so in unsere Gesellschaft integriert, dass fast jede Person mindestens eine Batterie täglich auf sich trägt (Smartphone, Autoschlüssel …). Ein Leben ohne Batterien wäre heute undenkbar. Obwohl es sich nur um sieben UN-Nummern handelt, macht die Vielfalt es so kompliziert, d.h. es sind insgesamt 237 Kombinationsmöglichkeiten zu beachten. Damit das Gefahrgutrecht noch ein wenig komplizierter wird, hatte man die glorreiche Idee, zusätzlich einen neuen Gefahrzettel für Batterien zu kreieren (9A).
Silke Holzinger von der Swiss TS informierte das Publikum über die Knackpunkte von Bauartprüfungen, den Zulassung von Verpackungen, Grossverpackungen und IBCs. Vor der Mittagspause folgte das Thema über die GGUV (Gefahrgutumschliessungsverordnung), präsentiert von Valérie Blanchard Bakx. Hier gab es einen Systemwechsel: Die "alte" behördliche Zulassung wird durch das neue Konformitätsbewertungssystem abgelöst. Mit der Marktüberwachung, soll durchgesetzt werden, dass in Verkehr gebrachte Produkte den technischen und gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Das Referat über die Störfallverordnung wurde von Hans Bossler gehalten. Er erklärte, warum die Störfallverordnung in der Schweiz eingeführt wurde und was die Ziele und Grundsätze sind. Das Kontroll- und Bewertungsverfahren basiert auf einem Zweistufenprinzip mit einem Kurzbericht auf der Stufe 1 und einer erweiterten Stufe 2 für die Risikoermittlung. Am Schluss stellte er die Frage, warum es in Europa im Bereich der Störfallverordnung noch nicht zu einer Harmonisierung gekommen ist? Eine spannende Diskussion entwickelte sich um die Frage der Akzeptabilitätslinie von Risiken der StFV im Zusammenhang mit der erwarteten Bevölkerungsentwicklung der Schweiz, vor allem in den Ballungszentren und der Zunahme von Transporten gefährlicher Güter.
Als Vertreter vom Bundesamt für Strassen zeigte Dr. David Gilabert was sich im ADR/RID 2015 geändert hat und wie die neuen Vorschriften bisher umgesetzt wurden. Anhand von einem Beispiel (LKW mit Blachen-Heizung) zeigte er auf, wie komplex die Unterscheidungen zwischen den verschiedenen Freistellungen nach ADR 1.1.3.3 a) und der Sondervorschrift 363 sind. Mit einem Ausblick auf das kommende ADR/RID 2017 und den vielen geplanten Anpassungen schloss er sein Referat.
Das Sicherheitsdatenblatt und dessen Komplexität war das Thema von Dr. Karina Urmann. Die Teilnehmer erfuhren, dass die rechtlich Grundlage für die Sicherheitsdatenblätter in der Schweiz in der Chemikalienverordnung geregelt ist. Anschliessend wurde der Inhalt der verschiedenen Abschnitte kurz besprochen und zum Schluss konnten die Tagungsteilnehmer anhand von einigen Flussdiagrammen sehen, wie kompliziert es ist ein SDB zu erstellen.
Die Referate im PDF-Format sowie die Eindrücke des 18. Septembers 2015 in Bildern können auf der VAG Homepage betrachtet bzw. heruntergeladen werden. Der nächste Schweizer Gefahrguttag findet am 16. September 2016 wiederum im Luzerner Verkehrshaus statt.